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Pressemitteilung

Eine Stolperschwelle für die Opfer der Krankenmorde


Der Künstler Gunter Demnig, der durch sein Stolperstein-Projekt weltweit bekannt ist, verlegt am 26. Juni 2024, um 9.00 Uhr vor dem Eingang zum Kalmenhof, heute: Vitos-Teilhabe, im Veitenmühlweg eine Stolperschwelle. Im Gegensatz zu Stolpersteinen, die der Künstler zur Erinnerung an Einzelschicksale von Opfern des Nationalsozialismus verlegt, werden mit Stolperschwellen Tatorte kenntlich gemacht und an eine Vielzahl von Opfern zugleich gedacht, insbesondere dann, wenn Einzelverlegungen aufgrund der hohen Zahl der Opfer unmöglich sind.

So wird die Stolperschwelle im Veitenmühlweg künftig nicht nur an die mindestens 721 Menschen erinnern, die nach dem derzeitigem Forschungsstand im Kalmenhof in Idstein zwischen 1939 und 1945 ermordet wurden. Zugleich wird auch an mehr als 700 Frauen, Männer und Kinder erinnert, die im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ von dem als „Zwischenanstalt“ genutzten Kalmenhof nach Hadamar deportiert und in der dortigen Gaskammer ermordet wurden. Außerdem wurde nach der „Gleichschaltung“ der ursprünglich von einem Verein begründeten und verwalteten Einrichtung in Idstein eine bisher unbekannte Anzahl von jüdischen Bewohnerinnen und Bewohnern im Zuge der „Arisierung“ der Idsteiner Anstalt nach Weilmünster gebracht. Auch sie wurden anschließend ermordet. Ab 1934 wurden zudem mindestens 216 Menschen aus dem Kalmenhof zwangssterilisiert. Basis war das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Auch an das Schicksal dieser Menschen soll die Stolperschwelle erinnern.

Erarbeitet wurde der Text für die Stolperschwelle in einer Zusammenarbeit der Hochschulstadt Idstein mit dem Verein „Gedenkort Kalmenhof“, der diese Form des Gedenkens angeregt hatte, sowie dem Künstler und seinem Team. In den Text flossen auch die Erkenntnisse der Untersuchungen zum Kalmenhof des Frankfurter Wissenschaftlers Christoph Schneider ein, der bei der Formulierung ebenfalls unterstützte.

Ebenso wie Stolpersteine werden Stolperschwellen im öffentlichen Raum verlegt. Einen entsprechenden Beschluss hat die Stadtverordnetenversammlung bereits im Mai letzten Jahres gefasst. Durch die hohe Nachfrage nach Verlegeterminen des europaweit tätigen Künstlers Gunter Demnig dauerte es ein Jahr bis zur Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses.

Wie auch bei den Stolpersteinverlegungen werden erneut Schülerinnen und Schüler in die Vorbereitungen einbezogen, diesmal von der Pestalozzischule. Sie haben sich in den vergangenen Wochen im Unterricht mit verschiedenen Opferbiografien auseinandergesetzt und werden zum Programm bei der Verlegung beitragen. Bürgermeister Christian Herfurth lädt ausdrücklich alle interessierten Bürgerinnen und Bürger ein, an diesem öffentlichen Termin teilzunehmen und gemeinsam der Opfer zu gedenken. 

Der Verein „Gedenkort Kalmenhof“ übernimmt die Finanzierung der Stolperschwelle. Wer den Verein bei der Realisierung des Erinnerungsprojekts „Stolperschwelle“ unterstützen möchte, kann Spenden auf das Vereinskonto überweisen. Spendenquittungen werden ausgefertigt.